Herr Grasel, Sie sind der Geschäftsführer von Neo Messtechnik. Könnten Sie uns bitte Ihr Unternehmen vorstellen?
Die Produkte von NEO Messtechnik konzentrieren sich auf Anwendungen rund um das Stromnetz und Technologien für erneuerbare Energien. Wir sind ein „Power“-Unternehmen. Zu unseren wichtigsten Produkten gehören Netzqualitätsanalysatoren, Netzimpedanzanalysatoren und Photovoltaikprüfgeräte. Wir konzentrieren uns auf High-End-Produkte und streben nach Technologieführerschaft. Der Netzimpedanz-Analysator wurde für den Innovationspreis des Österreichischen Verbandes für Elektrotechnik nominiert. Der neue Photovoltaik-Analysator PM-10 wurde bereits eine Woche nach seiner Markteinführung auf allen Kontinenten verkauft und der Netzqualitätsanalysator PQA8000H ist heute das Referenzgerät auf dem Markt, das alle für die nächsten zehn Jahre erwarteten Anforderungen erfüllt.
Haben Sie Neuigkeiten für uns bezüglich der Netzprobleme?
Das elektrische Stromnetz erfährt derzeit einen bedeutenden Wandel. Fortschrittliche Halbleitertechnologien wie IGBTs oder MOSFETs ermöglichen zahlreiche neue Anwendungen für erneuerbare Energietechnologien und das Stromnetz selbst. Mit der weit verbreiteten Einführung von Photovoltaikanlagen, Ladestationen für Elektrofahrzeuge und dem Aufkommen von Gleichstromnetzen steht das Stromnetz vor neuen Herausforderungen wie dem Lastflussmanagement und der Sicherung der Stromqualität. Darüber hinaus verändern diese Entwicklungen die grundlegenden Eigenschaften des Stromnetzes, vor allem im Hinblick auf die Hochfrequenz-Netzimpedanz. Probleme mit der Stromqualität sind nicht mehr nur auf industrielle Umgebungen beschränkt, sondern treten im gesamten Stromnetz auf. Trotz dieser Fortschritte sind die Standardisierungsbemühungen noch nicht abgeschlossen, und für viele neue Phänomene wie Gleichstrom und Superharmonische gibt es oft noch keine Emissionsgrenzwerte.
Fachleute für Stromqualität arbeiten viel mit Rogowski-Spulen und Stromzangen. Sind diese Messgeräte heute noch geeignet?
Jede Technologie hat in der Tat ihre eigenen Vorteile und Einschränkungen. Rogowski-Spulen sind aufgrund ihrer einfachen Montage sehr bequem zu verwenden, können aber keine Gleichströme messen. Eisenkernzangen werden nur für sekundäre Messungen an Stromwandlern (1A / 5A) verwendet. Mit diesen Zangen können keine Gleichströme gemessen werden und außerdem ist ihre Bandbreite begrenzt (~20 kHz). Außerdem leiden Hall-basierte Gleichstromzangen unter der ungenauen Messung kleiner Gleichstromkomponenten aufgrund des erheblichen Fehlers, der durch das Erdmagnetfeld verursacht wird. .
Aktive Leistungselektronik (EV-Ladegeräte, PV) und ihre hohe Schaltfrequenz (GaN, SiC) verursachen Emissionen im Frequenzbereich bis zu 150 kHz (und darüber). SiC-basierte Frequenzumrichter erreichen bereits Schaltfrequenzen zwischen 50 und 100 kHz.
Danisense bietet mit seinen AC/DC-Nullflusswandlern die Premium-Option. Die hohe Bandbreite ermöglicht es, den gesamten Bereich von DC bis 500 kHz abzudecken. Die Flusskompensationstechnologie gewährleistet eine hohe Genauigkeit im ppm-Bereich und der Fehler aufgrund des Erdmagnetfeldes oder anderer magnetischer Einflüsse ist extrem gering. Mit dem PQA8000H Gerät können µA präzise gemessen werden. Der Spannungsausgang des Danisense Messwertgebers macht es Ihnen leicht, denn viele unserer Geräte können direkt mit Spannungssignalen arbeiten.
Einige Benutzer stellen gelegentlich große Ungenauigkeiten bei Stromsensoren in Bezug auf die angegebene Genauigkeit im höheren Frequenzbereich fest. Haben Sie dieses Problem auch schon erlebt?
Das ist tatsächlich ziemlich oft der Fall. Als Hersteller von Stromversorgungsanalysatoren und Systemanbieter prüfen wir jeden in unserem Labor erworbenen Sensor akribisch. Häufig werden die in den Datenblättern angegebenen Spezifikationen nicht erfüllt. Schon bei der Bestellung rechnen wir damit, dass bestimmte Spezifikationen nicht mit der Realität übereinstimmen, wie z.B. bei Hall-Sensoren. Die Produkte von Danisense erweisen sich in dieser Hinsicht jedoch stets als bemerkenswert zuverlässig. Die in den Datenblättern angegebenen Spezifikationen sind präzise, und die deutsche Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) verwendet Danisense-Stromwandler als Benchmark für Frequenzmessungen.
Können Sie erklären, in welchen Fällen Sie AC/DC-Stromsensoren benötigen?
In der Regel benötigen wir AC/DC-Sensoren für die folgenden Anwendungen:
- Leistungs- und Wirkungsgradanalyse
Für eine hochpräzise Leistungsanalyse ist die Messung von AC- und DC-Anteilen des Signals mit hoher Bandbreite, hoher Auflösung und hoher Genauigkeit ein Muss. - Netzqualitätsanalyse
Für die Netzqualitätsanalyse sind nicht nur die AC-Anteile wichtig, sondern auch der DC- und der subharmonische Anteil. Viele nationale technische Richtlinien legen Höchstwerte für einen parasitären Gleichstromanteil im Niederspannungsbereich fest. Wir haben Forschungsprojekte sowie Master- und Bachelorarbeiten, die sich mit den DC-Emissionen von aktiver Leistungselektronik, wie z.B. von Photovoltaik- und Elektrofahrzeug-Ladegeräten, beschäftigen. Erste Ergebnisse zeigen, dass in den meisten Fällen die Emissionsgrenzwerte der bestehenden nationalen Richtlinien verletzt werden. Außerdem erforschen wir die Ausbreitung von Gleichströmen im Stromnetz. - DC-Netze
DC-Netze sind auf allen Spannungsebenen ein großes Thema der Zukunft. Überall, wo eine AC/DC-Wandlung oder eine DC/DC-Wandlung stattfindet, müssen Sie sowohl AC als auch DC messen. Die IEC TR 63282 unterstreicht bereits die Notwendigkeit der Messung von DC- und AC-Komponenten in Niederspannungs-Gleichstromnetzen (LVDC). Natürlich sieht die Überwachung der Stromqualität in Gleichstromnetzen anders aus als in Wechselstromnetzen, aber es gibt immer noch hohe Schaltfrequenzen (PWM, DC/DC), die hochfrequente Emissionen verursachen (Stichworte: Supraharmonics, EMC, Common Mode).
Kann ich auch AC-Stromsensoren für die Leistungsanalyse verwenden, wenn es sich um eine AC-Anwendung handelt?
In meinen früheren Funktionen bei verschiedenen Unternehmen haben wir uns auf die Entwicklung von Leistungsanalysatoren spezialisiert. Für die Effizienzbewertung von Frequenzumrichtern beispielsweise sind Strommessungen mit Wechselstromsensoren nicht möglich. Heutzutage verwenden 99% aller Geräte Leistungselektronik und die Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom erzeugt Ströme in einem breiten Frequenzbereich, angefangen von Gleichstrom bis hin zu mehreren MHz. Folglich müssen Sie hochpräzise Null-Fluss-Wandler verwenden, um Leistung und Effizienz präzise zu messen. AC/DC-Wandler haben heute einen Wirkungsgrad zwischen 90 und 98%.
Danisense Schallwandler sind die perfekte Lösung für solche Anwendungen. Die DC-Genauigkeit ist brillant und die hohe Bandbreite, die hohe Dynamik und der sehr geringe Phasenfehler über den gesamten Frequenzbereich sind ideal für die Messungen mit den höchsten Genauigkeitsanforderungen. Selbst kleine Phasenfehler können zu erheblichen Fehlern bei der Leistungsmessung führen, weshalb die Technologie von Danisense für diese Anwendungen besonders gut geeignet ist.
Ich erwarte recht kleine DC-Werte in der Netzqualitätsanalyse. Ist dies technisch möglich, wenn die 50 Hz-Amplitude sehr hoch ist?
Da die Gleichstromwerte im zweistelligen mA-Bereich liegen und gleichzeitig eine hohe 50 Hz-Amplitude aufweisen, benötigen wir sehr präzise und stabile Stromsensoren, die uns zuverlässige Werte liefern. Die Stromwandler von Danisense sind hier sehr gut geeignet. Wir verwenden die hochpräzisen Stromwandler von Danisense auch für Netzimpedanzmessungen, die immer wichtiger werden.
Warum ist es so wichtig, eine Gleichstromkomponente in Wechselstromnetzen zu messen?
Induktive Komponenten wie Motoren und Transformatoren werden durch eine Gleichstromkomponente vormagnetisiert. Dadurch wird der vom Hersteller angegebene magnetische Arbeitspunkt verschoben. Dies wiederum führt zu höheren Verlusten in den Geräten und deren schnellerer Alterung. Wenn Transformatoren durch einen Gleichstromversatz in den magnetischen Sättigungsbereich getrieben werden, nimmt das Brummen und damit die Lärmbelästigung erheblich zu. Darüber hinaus wird der Transformator zu einem nichtlinearen Gerät, das dann auch Oberwellen erzeugt.
Auch Energiezähler, die mit passiven Stromwandlern ausgestattet sind, können durch eine Gleichstromkomponente in ihrer Genauigkeit beeinträchtigt werden.
Im Hinblick auf die Auswirkungen von Gleichstromkomponenten haben wir weitere Untersuchungen darüber eingeleitet, wie sich die Gleichstromkomponenten in realen Netzen verhalten. Ein Artikel wird auf der
7. Internationale Konferenz über intelligente Energiesysteme und -technologien, SEST 2024
https://sest2024.polito.it/
Es gibt jedoch Einheitszertifikate für Wechselrichter durch einen festgelegten nationalen Zulassungsprozess. Dies sollte sicherstellen, dass die Geräte den neuesten Standards entsprechen?
Wenn die Gleichstromkomponente gemessen wird, stellt sich die Frage: „Wie wird das gemacht? Hall-Stromzangen sind oft zu ungenau. In diesen Fällen empfehlen wir die Fluxgate Danisense-Messwandler, da sie sehr kleine Gleichströme im Bereich von µA oder mA präzise erfassen können. Außerdem ist das Danisense-Labor nach IEC 17025 akkreditiert.
Außerdem wird nur ein Wechselrichter für die Gerätezertifizierung getestet, so dass es dem Hersteller freigestellt ist, ob er diesen Test durchführt oder nicht.
Was schlagen Sie vor, wie die Hersteller von Wechselrichtern ihre Geräte in Bezug auf die Gleichstromkomponente verbessern können?
Oft wird die Gleichstromkomponente am Ausgang des Wechselrichters nicht überwacht. Wenn diese Komponente in den Steuerkreis des Wechselrichters eingespeist wird, könnte die Steuereinheit eine entsprechende Kompensation veranlassen. Zumindest bei der Typprüfung sollte die Gleichstromkomponente geprüft werden.
Insbesondere bei größeren Anlagen, bei denen ein Transformator direkt hinter dem Wechselrichter bis zur Mittelspannung reicht, wird eine Messung der Gleichstromkomponente gar nicht durchgeführt. Der Transformator überträgt eine mögliche DC-Komponente nicht.
So wie ich es jetzt verstehe, gibt es im Niederspannungsnetz nur Gleichströme. Heißt das, dass höhere Spannungsebenen von diesen Problemen nicht betroffen sind?
Im Moment ist das Niederspannungsnetz stärker betroffen. Fast jedes elektrische Gerät, das wir an das Stromnetz anschließen, verfügt über integrierte Leistungselektronik. Photovoltaikanlagen, Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Wärmepumpen verwenden aktive Leistungselektronik auf der Basis von IGBTs oder MOSFETs, die mit hohen Schaltfrequenzen arbeiten und auch geringe Gleichströme abgeben. Gleichströme in Wechselstromnetzen werden vollständig ignoriert, da die für Überwachungsanwendungen verwendeten Stromsensoren keine Gleichströme erkennen können.
Dennoch finden Gleichströme auf höheren Spannungsebenen aus zwei Gründen Beachtung. Zum einen können sie durch geerdete Transformator-Neutralpunkte in Netzabschnitte einkoppeln, die auf beiden Seiten geerdet sind. Ein Beispiel dafür sind geomagnetisch induzierte Ströme (GICs). Es ist auch möglich, Streuströme aus benachbarten Versorgungsnetzen zu erkennen. So können beispielsweise 16,7-Hz-Ströme aus Eisenbahnnetzen auch in den geerdeten Transformator-Neutralpunkt gelangen. Andererseits wird der Einsatz von Leistungselektronik im Hochspannungsnetz in den nächsten Jahren deutlich zunehmen – Stichwort: Smart Transformer.
Bei höheren Spannungsniveaus sind die Messungen der Stromqualität wahrscheinlich viel komplexer?
Ja, das ist richtig. Wir brauchen definitiv Hochspannungsteiler für die Spannungsmessung. Für die Strommessung können Durchführungen an Transformatoren verwendet werden. Die hier verwendeten Stromsensoren benötigen keine Hochspannungsisolierung.
Durch unsere Kooperationen im Hochspannungsbereich stellen wir sicher, dass unsere Geräte perfekt mit den derzeit verfügbaren Spannungsteilern funktionieren. Wir haben auch die ersten Anfragen zu Fluxgate-Stromwandlern in der Hochspannungsanwendung erhalten.
Haben Sie noch ein paar abschließende Worte für unsere Leser?
Ja, wir sehen immer häufiger, wie Laborgeräte aus dem Test- und Messgeschäft später in groß angelegten Netzwerkanwendungen benötigt werden. Unser Netzqualitätsanalysator ist zum Beispiel auch ein hochpräziser Netzanalysator, was die Hardware betrifft.
Vielen Dank für dieses sehr informative Interview, Herr Grasel.
Dipl.-Ing. Bernhard Grasel
CEO
NEO Messtechnik GmbH
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